Kosten senken und ESG-Ziele erreichen
Steigende Energiepreise, das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2024), strengere Klimaziele und neue Berichtspflichten wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) setzen Betreiber von Gewerbeimmobilien unter Druck. Wer Hallen, Logistikzentren oder Bürogebäude besitzt, kann energetische Sanierungen an der Fassade nicht mehr als „Option“ behandeln, sondern muss sie strategisch planen – gerade mit Blick auf die kommenden Jahre. Eine konsequent geplante energetische Sanierung wird damit zum festen Bestandteil der Immobilienstrategie.
Gleichzeitig wird auf EU-Ebene aktuell heftig darüber diskutiert, die Nachhaltigkeitsvorgaben zu „verschlanken“. Vorschläge sehen vor, die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen unter der CSRD deutlich zu reduzieren, indem Schwellenwerte bei Umsatz und Mitarbeiterzahl angehoben werden. Dennoch bleiben große Unternehmen, Immobilieninvestoren und viele Bestandshalter im Fokus – und für diese Zielgruppe werden Energieeffizienz, energetische Sanierung und ESG-Konformität von Gebäuden eher wichtiger als unwichtiger.
Warum die Gewerbefassade zum strategischen Hebel wird
Die Gebäudehülle ist einer der wichtigsten Hebel, um den Energiebedarf eines Gebäudes zu senken. Über ungedämmte oder schlecht detaillierte Außenwände gehen in beheizten oder gekühlten Nichtwohngebäuden erhebliche Wärmemengen verloren – im Winter durch Transmission nach außen, im Sommer durch mangelnden Schutz vor Überhitzung.
Für Betreiber von Gewerbeimmobilien ergeben sich drei zentrale Effekte:
Betriebskosten: Eine energetisch sanierte Fassade senkt den Heiz- und Kühlbedarf und damit die laufenden Energiekosten über Jahrzehnte.
Wertentwicklung: Energieeffiziente Gebäude lassen sich besser vermieten, erzielen höhere Verkaufspreise und passen in die Anlagestrategien vieler Investoren, die sich von ineffizienten Objekten trennen.
ESG und Reporting: Energieverbräuche und Emissionen des Gebäudebestands fließen direkt in ESG-Kennzahlen und künftig in CSRD-Berichte ein, sofern das Unternehmen im Anwendungsbereich liegt.
Selbst wenn durch die geplanten CSRD-Änderungen künftig weniger Unternehmen direkt berichtspflichtig sind, bleibt der indirekte Druck hoch: Banken, Investoren und große Mieter verlangen immer öfter transparente Daten und glaubwürdige Dekarbonisierungspläne – ohne eine klare Strategie für die energetische Sanierung von Dach und Fassade ist das kaum möglich.
GEG 2024: Was bei Fassadensanierungen rechtlich zählt
Das Gebäudeenergiegesetz regelt seit seiner Novelle 2024 die energetischen Mindestanforderungen an beheizte und klimatisierte Gebäude. Für die Fassade bedeutet das: Wer Außenwände in größerem Umfang saniert, kommt an Wärmeschutz nicht vorbei. Typischerweise gilt für Außenwände von Bestandsgebäuden ein maximaler U-Wert von 0,24 W/(m²·K), wenn im Zuge einer Maßnahme ein neues Dämmsystem oder eine neue Fassadenbekleidung angebracht wird.
Wichtig ist die sogenannte 10-Prozent-Grenze: Werden weniger als zehn Prozent der Fläche eines Bauteils (z.B. Außenwand) bearbeitet, greifen die verschärften Anforderungen nicht. Wird jedoch eine ganze Fassadenfläche neu aufgebaut oder überbeplankt, muss das System so geplant werden, dass der zulässige U-Wert eingehalten wird und sich die energetische Qualität des Gebäudes nicht verschlechtert.
Für die Praxis heißt das: Spätestens wenn ohnehin eine größere Instandsetzung oder optische Modernisierung der Hallenfassade ansteht, lohnt es sich, gleich ein vollwertiges energetisches Paket zu planen – reine „Kosmetik“ ist baurechtlich und wirtschaftlich kaum noch sinnvoll.
Energetische Sanierung und ESG
Parallel zur technischen Gesetzgebung läuft die ESG-Debatte. Die CSRD verpflichtet große Unternehmen dazu, ab dem Geschäftsjahr 2024 umfangreiche Nachhaltigkeitsberichte nach ESRS-Standards zu veröffentlichen; die ersten Berichte erschienen in 2025. Trotz der politischen Bestrebungen, die Berichtspflichten zu entschärfen, bleibt klar: Wo berichtet werden muss, rücken Gebäude und deren Energieeffizienz in den Mittelpunkt.
Gleichzeitig definiert die EU-Taxonomie, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten. Für die Gebäuderenovierung gibt es technische Kriterien, etwa zur Mindest-Energieeinsparung bei einer „Major Renovation“ oder zur Effizienzklasse, die nach der Maßnahme erreicht werden muss.
Energetische Maßnahmen an der Fassade zahlen damit direkt auf mehrere ESG-Ziele ein:
Reduktion von Scope-1- und Scope-2-Emissionen durch geringeren Energiebedarf
Verbesserung der Quote taxonomiekonformer Investitionen im Immobilienbestand
Erhöhung der Attraktivität gegenüber Finanzmarktakteuren, die ihr Portfolio an der EU-Taxonomie ausrichten
Gerade institutionelle Eigentümer und große Mittelständler nutzen deshalb anstehende Fassadensanierungen, um nicht nur Schäden zu beheben oder das Erscheinungsbild zu modernisieren, sondern das Gebäude strukturell ESG-fähiger zu machen.
Typische Maßnahmen an Gewerbefassaden mit hoher Wirkung
Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt von Gebäudeart, Bestandskonstruktion und Nutzung ab. Bei massiven Außenwänden kommen häufig Wärmedämm-Verbundsysteme oder vorgehängte hinterlüftete Fassaden zum Einsatz, um die erforderliche Dämmstärke zu erreichen. In vielen Industrie- und Logistikhallen besteht die Außenwand aus Profilblechen oder Sandwichelementen: Hier bietet sich eine Kombination aus Überbeplankung und zusätzlicher Dämmung an, um den Wärmeschutz deutlich zu verbessern, ohne den laufenden Betrieb lange zu unterbrechen.
Ebenso wichtig sind die Details: Wärmebrücken an Stützen, Attiken, Toren und Fensterbändern, undichte Anschlussbereiche zwischen Dach und Fassade oder unzureichend gedämmte Stahlbetonbauteile können den energetischen Effekt einer guten Flächendämmung deutlich mindern. Eine saubere, gewerkeübergreifende Detailplanung ist daher fester Bestandteil einer professionellen energetischen Fassadensanierung.
Bei Büro- und Dienstleistungsgebäuden spielt zudem der sommerliche Wärmeschutz eine wichtige Rolle. Außenliegende Verschattung, intelligente Sonnenschutzsysteme und geeignete Verglasungen reduzieren Kühlbedarf und Überhitzung – Maßnahmen, die teilweise ebenfalls förderfähig sind und im GEG konzeptionell mitgedacht werden.
Energetische Sanierung als Schlüssel für Zukunftsfähigkeit
Die energetische Sanierung von Gewerbefassaden ist heute Schnittpunkt von Technik, Recht und Finanzwelt. Das GEG 2024 gibt klare Mindeststandards für Außenwände vor, die bei größeren Sanierungen verbindlich sind. CSRD, EU-Taxonomie und ESG-Strategien der Finanzmärkte sorgen parallel dafür, dass Energieeffizienz und Klimawirkung von Immobilien in Bilanzen, Berichten und Bewertungen deutlich sichtbarer werden – auch wenn politische Initiativen die Regeln für kleinere Unternehmen teilweise entschärfen wollen.
Für Eigentümer und Betreiber von Gewerbeimmobilien ist deshalb klar: Jede anstehende Fassadensanierung ist eine Chance, nicht nur Schäden zu beheben oder das Erscheinungsbild aufzuwerten, sondern Energiekosten, CO₂-Bilanz und regulatorische Zukunftsfähigkeit des Gebäudes zugleich zu verbessern. Wer diese Chance im Sinne einer konsequent geplanten energetische Sanierung nutzt, macht seine Hallen und Gewerbefassaden fit für die nächsten Jahrzehnte – unabhängig davon, wie sich die Berichtspflichten im Detail weiterentwickeln.